Gute Bilder, schlechte Wahl? Wie man beim Fotograf:innen-Buchen nicht baden geht

Website Editor • January 12, 2024

Ein kurzer Text für alle, die plötzlich Bildverantwortung haben



Sie arbeiten für eine Stiftung, einen Verband oder eine NGO? Und sollen plötzlich eine:n Fotograf:in buchen? Vielleicht zum ersten Mal? Oder mit der Erinnerung an das letzte Mal, bei dem am Ende alle da waren – nur die Bilder fehlten?


Dann ist dieser Beitrag für Sie. Einfach praktische Hinweise aus über zehn Jahren Erfahrungen als Fotograf mit öffentlichen und gemeinnützigen Auftraggebern.


Gute Fotos und ihre Voraussetzungen

Ein gutes Foto soll viele Anforderungen erfüllen. Es zeigt, was Sie tun – und wie Sie gesehen werden wollen. Es passt inhaltlich wie visuell zu Ihrer Organisation. Und es hat auch langfristig einen Wert: als Investition in Ihre Kommunikation und Sichtbarkeit als Organisation.


Das funktioniert am besten, wenn Organisation, Anlass und Bildsprache zusammenpassen. Wer einfach „jemanden mit Kamera“ bucht, bekommt manchmal auch nur: jemanden mit Kamera.


Gute Fotograf:innen bringen mehr mit:


  • Ein Gespür für Situationen, Menschen und Abläufe
  • Die Fähigkeit, sich diskret und respektvoll in Veranstaltungen einzufügen
  • Erfahrung mit rechtlichen Anforderungen (z. B. Einwilligungen, DSGVO)
  • Bildideen, die zu Ihrem Kommunikationsziel passen



Wie Sie das nutzen können:

Fragen Sie gezielt nach vergleichbaren Referenzen, einem typischen Ablaufplan für den Tag, und ob der:die Fotograf:in bereits mit vergleichbaren Organisationen gearbeitet hat. Bitten Sie um eine kurze Einschätzung, welche Motive sich anbieten und wo Herausforderungen liegen.


Was (fast) nie funktioniert:


  • Wunder in zehn Minuten zwischen Empfang und Redebeitrag
  • Top-Bilder ohne Briefing, Zeit oder Rechteklärung
  • "Kann ich die Dateien gleich haben?" ohne Vertrag oder Lizenzvereinbarung


Besser so:

Planen Sie – zusätzlich zur Vorbereitung bei der Auftragserstellung – 15 Minuten Vorlauf vor Veranstaltungsbeginn für ein kurzes Briefing ein, für Ortsbegehung und um die technisch wie inhaltlich relevanten Personen vorzustellen. Dabei gerne einen Kaffee anbieten. Bereiten Sie (wenn möglich) eine kleine Shotlist oder Wunschmotive vor, wenn dies nicht schon Teil des Auftrags ist. Klären Sie im Vorfeld, wer Ansprechpartner:in vor Ort ist.


Was Sie vorbereiten können – und sollten

Auch Ihre Vorbereitung hilft, damit gute Bilder entstehen:


  • Anlass, Zielgruppe, Thema: Halten Sie diese Punkte schriftlich oder stichpunktartig fest. Das hilft dem:der Fotograf:in, sich gezielt einzustellen.
  • Verwendungszweck: Sagen Sie, wo die Bilder eingesetzt werden (z. B. Startseite Website, Facebook, Broschüre, interne Dokumentation). Das beeinflusst Stil, Format und Auflösung.
  • Bildsprache: Zeigen Sie ein, zwei Beispielbilder – oder beschreiben Sie, was Sie als "zu gestelzt" oder "zu emotional" empfinden. Fotograf:innen brauchen Feedback.
  • CI-Vorgaben: Gibt es Farben, Logos, Bildstile, die eingehalten werden sollen? Senden Sie ggf. einen Auszug aus Ihrem Designmanual mit.
  • Personenrecht: Klären Sie intern, wer gezeigt werden darf. Falls nicht klar: lieber anonym fotografieren (z. B. von hinten, im Gespräch, ohne Gesicht).


Tipp: Machen Sie sich ein einfaches Briefingblatt – eine Seite reicht. Das erleichtert die Arbeit der Fotograf:innen sehr.


Rechte, Einwilligungen, Datenschutz

Wenn Menschen auf Fotos zu sehen sind, braucht es Klarheit. Besonders bei Kindern, sensiblen Zielgruppen oder politischen Kontexten.


  • Einwilligungen: Stellen Sie (wenn nötig) eigene Formulare bereit. Wenn nicht möglich: Machen Sie auf die Fotoaufnahmen gut sichtbar aufmerksam, z. B. mit Hinweisplakat am Eingang. Das ersetzt keine juristische Klärung, schafft aber Transparenz.
  • Verwendung und Dauer: Klären Sie mit dem:der Fotograf:in, wie lange Sie Bilder nutzen dürfen (z. B. unbefristet für Web und Print? Auch für Social Media?)
  • Verantwortung: Die Verantwortung für DSGVO-Konformität bei der Nutzung der Bilder liegt in der Regel bei der beauftragenden Organisation. Gute Fotograf:innen liefern datenschutzkonform zu, aber keine rechtliche Beratung. Im Zweifel: Datenschutzbeauftragte einbeziehen.


Was hilft: Ein kurzer DSGVO-Hinweis im Einladungsverteiler (z. B. "Bei der Veranstaltung wird fotografiert. Falls Sie nicht abgebildet werden möchten, geben Sie uns bitte vor Ort Bescheid.") kann bereits für Transparenz sorgen. Wenn es Namens-Badges gibt, können diese mit Aufklebern oder farbigen Bändern markiert werden, falls jemand nicht fotografiert werden möchte.


Praxistipp: Leider sitzen genau diese Personen oft in der ersten Reihe, direkt vor der Kamera. Vereinbaren Sie mit dem:der Fotograf:in einen Bereich, der nicht fotografiert wird, und weisen Sie die Teilnehmenden freundlich darauf hin.


Bildsprache, Vielfalt, Stil

Fotos zeigen nicht nur, was war – sondern auch, wofür Sie stehen.


  • Vielfalt abbilden: Achten Sie darauf, dass unterschiedliche Altersgruppen, Geschlechter, Ethnien sichtbar sind. Diversität wirkt am besten, wenn sie "nebenbei" miterzählt wird, nicht inszeniert.
  • Perspektive und Haltung: Ermöglichen Sie Bilder auf Augenhöhe – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Achten Sie bei der Auswahl darauf, ob Menschen souverän, würdevoll und im Kontext ihrer Rolle gezeigt werden.
  • Beispiele zeigen: Fragen Sie Fotograf:innen, wie sie in der Vergangenheit mit Diversität umgegangen sind. Lassen Sie sich Beispiele zeigen und deren Hintergründe erklären.


Wichtig: Auch bei Veranstaltungsbildern lohnt ein kurzer "Check gegen Klischees" – sonst wird Vielfalt schnell zur Alibi-Geste.


Praxistipp zur Herausforderung Rollstuhl: Gerade in alten Gebäuden ist vieles komplizierter. Versuchen Sie bei Veranstaltungen mit Theaterbestuhlung, Personen im Rollstuhl nicht einfach an den Rand zu platzieren. Auf Bildern wirken sie sonst schnell isoliert oder ausgegrenzt – was vermutlich nicht die Intention Ihrer Organisation ist.


Preise, Verträge, Zeitplanung

Gute Bilder kosten Geld. Und brauchen Zeit. Vor allem aber brauchen sie Klarheit:


  • Leistung klären: Was ist enthalten? (Shootingdauer, Bildauswahl, Nachbearbeitung, Archivierung, Nutzungsrechte)
  • Lieferzeiten: Wann kommen die Bilder? (z. B. erste Auswahl am nächsten Tag, Rest nach 3 Werktagen – und wenn’s eilig ist, auch Minuten nach der Aufnahme)
  • Nutzungsrechte: Für welche Medien und wie lange dürfen Sie die Bilder verwenden? Klären Sie auch, ob Drittverwendung erlaubt ist (z. B. Projektpartner, Presse)
  • Versicherung: Fragen Sie nach Berufshaftpflicht. Bei öffentlichen Aufträgen ist das oft Voraussetzung.


Tipp: Lassen Sie sich ein schriftliches Angebot oder einen einfachen Vertrag geben. Fotograf:innen haben Vorlagen oder schicken auf Wunsch ein Muster. Pragmatisch finde ich, alles zentral im Angebot festzuhalten.


Bildlieferung, Formate & Weiterverarbeitung

Wenn es hektisch wird – zum Beispiel weil der Herr Bundeskanzler beim Termin dabei ist und die Bilder sofort nach Freigabe in den sozialen Medien landen sollen – oder wenn nach drei Tagen Konferenz (inklusive Abendveranstaltungen) niemand mehr Zeit und Kraft für Technik und Bildbeschriftung hat, dann zahlen sich vorherige Absprachen besonders aus:


  • Dateibenennung & Metadaten: Gibt es in Ihrer Organisation Vorgaben zur Dateibenennung oder zu IPTC-Metadaten? Einheitliche Angaben zu Anlass, Ort, Datum, abgebildeten Personen oder Themen erleichtern die spätere Bildsuche erheblich.
  • Schutz vor KI-Training: Möchten Sie, dass die Nutzung der Bilder für KI-Training erschwert wird? Dann sollte das vorab geklärt werden – etwa durch spezielle Metadaten oder visuelle Eingriffe. Siehe dazu den ausführlichen Beitrag zur KI-Bildsicherheit.
  • Auflösung & Formate: Brauchen Sie unterschiedliche Versionen (z. B. Web & Print), oder übernehmen Sie das intern? Klären Sie, ob der:die Fotograf:in das liefern soll – oder ob Sie selbst skalieren.
  • Lieferweg & Timing: Wollen Sie die Bilder über Cloud, Download-Link oder USB-Stick? Was ist mit Blick auf Technik vor Ort, Zeitdruck und Datenschutz praktikabel?


Praxistipp: Für mich ist es extrem hilfreich zu wissen, welchen fachlichen Hintergrund die Personen haben, die die Bildauswahl treffen. Das beeinflusst mehr, als man auf den ersten Blick denkt. Professionelle Redakteur:innen können einschätzen, ob sie eine möglichst große Auswahl benötigen oder – wenn es schnell gehen muss – lieber eine sehr kleine, vorselektierte Auswahl möchten. Wer nicht geübt ist, ist mit 20 Variationen desselben Motivs schnell überfordert.

Auch hilfreich für mich ist die Info, ob Bilder bereits zugeschnitten sein sollen. Bei redaktioneller Weiterverarbeitung ist es oft besser, das Motiv unbearbeitet zu lassen – damit beim Layout maximale Flexibilität bleibt. Für andere Nutzer:innen hingegen ist es ideal, wenn das Bild bereits so beschnitten ist, dass die gewünschte Wirkung klar erkennbar wird. Ein kurzer Hinweis hierzu spart später viel Zeit.


Wenn’s das erste Mal ist: keine Sorge

Gute Fotograf:innen erklären ihre Arbeitsweise gern. Und stellen auch mal die Fragen, die Sie sich vielleicht nicht trauen.

Nicht jede:r Hochzeitsfotograf:in ist für politische Projekte geeignet. Umgekehrt sind manche Einzelkämpfer:innen flexibler als große Agenturen. Entscheidend ist nicht die Technik – sondern die Haltung.

Wenn jemand die Wirkung von Bildern erklären kann, wird er:sie sie auch für Sie erzeugen können.

Fotos sind Aushängeschilder. Sie zeigen, was Ihre Arbeit wert ist – und wie Sie gesehen werden möchten.

Deshalb lohnt sich bei der Auswahl nicht nur der Blick aufs Budget. Sondern aufs Gespräch davor.


Ihre Erfahrung?

Was war Ihr größter Fail beim Fotograf:innen-Buchen? Und was hat geholfen, es beim nächsten Mal besser zu machen?

Ich freue mich über ehrliche Anekdoten, ohne Namen, Ort und Organisation – gern mit einem Augenzwinkern und mit dem Ziel des gemeinsamen Lernens.


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