Wenn es nötig ist, schütze ich meine Fotos vor KI-Nutzung – und zeige, wie Sie das auch können.

Website Editor • January 12, 2024

Zwischen Unbehagen und rechtlicher Notwendigkeit: Die Crawler und Scraper von ChatGPT, Gemini & Co. stellen uns vor neue Herausforderungen – insbesondere für visuelle Kommunikation mit Verantwortung.



Künstliche Intelligenz greift heute auf frei zugängliche Bilder im Netz zu – meist ohne Wissen oder Zustimmung der Urheber:innen. Was sichtbar ist, kann verwertet werden: auf Webseiten, in Projektberichten, Cloud-Ordnern oder Social Media.

Was viele nicht bedenken: Auch Bilder aus Bildungsprojekten, aus Stiftungen, aus sensiblen Kontexten sind davon betroffen. Nicht nur Prominente landen in KI-Trainingsdaten – sondern auch Jugendliche, Aktivist:innen oder Teilnehmer:innen zivilgesellschaftlicher Programme. Aber ist das wirklich problematisch? Oder auch eine Chance?


Eine Szene im Zug – und ein Aha-Moment

Ich saß mit Sillja Korn, einer blinden Fotografin und Erzieherin, im Zug nach Straßburg. Wir waren unterwegs zu einem Inklusionsprojekt, das mein Verein Clever e. V. initiiert hat. Und da heute keine 7h Zugfahrt vergehen, ohne dass man über KI-Anwendungen redet, kamen wir bei Bildgebung, KI und ihren Möglichkeiten an. Um Sillja ein konkretes Beispiel zu „zeigen“, fragte ich ChatGPT erst nur nach einem Bild von einer blinden Frau im Zug. Das Ergebnis sah sehr nach Businessfrau aus. Also konkretisierte ich: Sie soll wie eine Erzieherin aussehen. Kein Name, kein Foto, kein Hinweis auf sie.

Was zurückkam, war ein Bild, das ihr überraschend ähnlich sah – nicht exakt, aber nah genug, um uns beide stutzen zu lassen.


Sillja ist sichtbar im Netz. Ihre Website ist gut gemacht. Die Kombination „blinde Erzieherin“ ist selten. Wahrscheinlich reicht das, damit KI-Modelle bei dünner Datenlage ein visuelles Profil erzeugen – und damit, ungewollt, eine reale Person rekonstruieren.

Hier wird deutlich: Das Problem ist nicht nur die Halluzination – sondern auch die Rekonstruktion.


Warum ich aktiv schütze

Ich fotografiere oft in Kontexten, in denen Bilder nicht beliebig zirkulieren sollen. Deshalb nutze ich gezielt Maßnahmen, die verhindern, dass meine Bilder unbemerkt in KI-Trainingsdaten wandern.


1. Auf Dateiebene

  • IPTC/XMP-Felder wie Do Not Train oder Provenance
  • Metadatenpflege ist Standard, nicht Kür
  • Bei Bedarf: sichtbare Kennzeichnung („Nicht für KI-Training freigegeben“)

2. Auf Serverebene

  • robots.txt und X-Robots-Tag: noai, noimageai
  • Hosting nur mit aktivem Crawler-Schutz

3. Stilmanipulation bei sensiblen Motiven

  • Tools wie Glaze oder Nightshade
  • Visuell unverändert, aber technisch irreführend für KI

4. Kontextsteuerung

  • Keine Uploads auf Plattformen mit KI-Trainings-AGB (z. B. Canva, Meta)
  • Klare Verwendungsabsprachen mit Kund:innen



Die Gegenposition: Sichtbarkeit über alles?

Der US-Autor Mark Schaefer schrieb auf Medium:

„Der wirtschaftliche Wert von Content, der nicht gesehen und geteilt wird, ist null.“ (Protecting Your Content From AI: Not So Fast!, Juli 2025)

Er warnt davor, Inhalte zu schützen – aus Angst, in KI-basierten Suchsystemen wie Google SGE unsichtbar zu werden. Sichtbarkeit sei entscheidend, auch wenn es Kontrollverlust bedeute.


Ich teile seine Diagnose – differenziere aber bei der Schlussfolgerung. Je nach Thema brauchen manche Fotos einen hohen, mittleren oder vielleicht auch bewusst keinen „Schutz“. Sillja hat sich gefreut über so viel virtuelle Prominenz. Aber bei sensiblen Zielgruppen sieht das anders aus.


Qualität der Zukunft – eine zusätzliche Perspektive

KIs sind gekommen, um zu bleiben. Gesetzliche Regulierung ist sicherlich sehr wünschenswert, aber nur ein Teil der Zukunft: Was, wenn die Trainingsdaten nur aus Klischeebildchen, unterkomplexem Getwittere und Datenmüll bestehen? Dann ist visuelle Diversität und Inklusion mit KI noch schwieriger – dabei kann sie hier auch ein Verbündeter sein.


Sichtbar bleiben – aber mit Verantwortung

Als Fotograf will ich, dass meine Bilder gesehen werden. Aber ich will nicht, dass sie extrahiert oder rekonstruiert werden – ohne Zusammenhang, ohne Einwilligung, ohne Kontrolle. Deshalb schütze ich, wo nötig: nicht aus Angst, sondern aus Respekt. Nicht alles, was KI kann, muss sie auch dürfen.


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